Grabgestaltung nach Feng Shui
15.01.2023 I Christiane Witt
2022 waren mein Mann und ich am Rheinsteig wandern. Mir ist aufgefallen, dass die Gräber eines Friedhofs – sicher unbewusst – nach Feng Shui Kriterien ausgerichtet waren. Vor ein paar Wochen brachte mir ein Todesfall in der eigenen Familie das wieder in Erinnerung und veranlasste mich, mehr darüber zu erfahren. Auch dachte ich erstmals darüber nach, wie ich denn beerdigt sein möchte.
Viele machen sich heute frühzeitig Gedanken über ihren eigenen Tod und sind auf der Suche nach alternativen Bestattungsformen.
Sie finden, dass die Grabgestaltung nach Feng Shui ein zu makabres Thema für einen Blogartikel ist? Warum? Hören wir nicht immer wieder den Spruch, dass das Sterben doch zum Leben gehört? Nicht besonders hilfreich, wenn man in Trauer ist – zugegeben.
Warum gestalten Chinesen Gräber nach Feng Shui?
Der Begriff „Feng Shui“ taucht zum ersten Mal im „Buch der Gräber“ auf, das von Guo Po geschrieben wurde.
Guo Pu war unter anderem ein chinesischer Historiker, Geomant und taoistischer Mystiker während der Jin-Dynastie, der von 276 – 324 n. Chr. gelebt hat. In seinem „Buch der Gräber“ setzt er sich mit dem Qi-Fluss in Bezug auf eine Grabstätte auseinander, was maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Feng Shui Lehre hatte.
Während das Feng Shui für Landschaft, Tempel und Gräber der Toten als Yin Feng Shui (oder Yin House Feng Shui) bezeichnet wird, nennt man das Feng Shui für die Häuser der Lebenden Yang Feng Shui (oder Yang House Feng Shui). Yang Feng Shui entwickelte sich erst im 6. Jahrhundert n. Chr.
Den Tod verhindern oder erträglicher machen, kann Yin Feng Shui nicht. Viele Menschen in China glauben aber, dass die Seelen ihrer verstorbenen Angehörigen eng mit ihrem eigenen Schicksal verbunden bleiben und Einfluss auf ihre Gesundheit, ihren Wohlstand und ihr Wohlbefinden haben.
Die Ahnen erhalten nicht nur aus Respekt eine ruhige und harmonische letzte Ruhestätte oder weil die Hinterbliebenen Fürsprecher im Himmel brauchen, sondern weil die Verstorbenen gut für ihre Nachkommen „sorgen“ sollen. Yin Feng Shui ist also eher für die Nachkommen als für die Verstorbenen.
Die Grabstätte muss an einem günstigen Ort liegen, der Tote richtig positioniert sein und die Beisetzung zu einem passenden Zeitpunkt stattfinden. Nur dann sollen die Knochen der Verstorbenen durch das umgebende Qi aufgenommen werden und die positiven Energien an die Nachkommen übergehen können.
Aufgrund dieser Bedingungen führte es damals dazu, dass Grabanlagen häufig auf einem fernab gelegenen Grundstück entstanden. Früher war das einfacher, heute ist dies auf einem begrenzten Friedhof schwer möglich. Zudem China aus allen Nähten platzt und es auch auf den Friedhöfen an ausreichend Platz mangelt. Deshalb gibt es – trotz der alten Tradition – auch dort immer mehr Feuerbestattungen.
Selbst wenn Sie nicht daran glauben, dass das Qi der Verstorbenen das Leben der Hinterbliebenen beeinflusst, hat ein Friedhof doch eine Wirkung auf uns. Ich kann Friedhöfen tatsächlich etwas Schönes abgewinnen. Das Yin – die herrliche Ruhe – lassen mich dem Yang des Alltags entkommen und erden mich wieder.
Was sind die Merkmale der Grabgestaltung nach Feng Shui?
Die Grundprinzipien für die Gestaltung einer Grabanlage – Yin Feng Shui – ähneln denen für die Häuser – Yang Feng Shui.
1. Position des Verstorbenen
Der Verstorbene sollte so gebettet sein, dass der Kopf vor einem Berg – kann durch den Grabstein und eine kleine Anhöhe symbolisiert werden – in Richtung freier Sicht liegt.
Auf dem Foto oben sind die Gräber so angeordnet, dass die Toten mit dem Kopf zur Anhöhe und mit den Füßen zum Tal liegen.
2. Vier Himmlische Tiere
Nicht nur die ideale Umgebung eines Gebäudes hängt von den Vier Himmlischen Tieren ab, sondern auch die einer Grabstätte. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten kann darauf jedoch in der Regel kein Einfluss genommen werden. Aber das Grab kann man durch Staffelung der Pflanzenhöhe gestalten. Der Grabstein stellt als höchsten Punkt die schützende Schildkröte hinter dem Kopf des Verstorbenen dar. Die rechte (Drache) und linke Seite (Tiger) sollen durch entsprechende Bepflanzung das Grab wie Arme schützend umgeben. Vorne wird das Grab offen und damit am niedrigsten gestaltet.
3. Einfassung des Grabs
Eine mit Steinen eingefasste Grabstätte lässt sich nicht nur klar abgrenzen, sondern auch leichter gestalten. Im Feng Shui steht die Einfassung für den Zusammenhalt der Familie.
4. Farben und Formen
Die Gestaltung durch Pflanzen und Steine nach den Fünf Elementen und dem Yin und Yang Prinzip lässt ein Grab harmonisch erscheinen.
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5. Berücksichtigung des unterstützenden Elements
Jeder von uns hat ein oder auch mehrere sogenannte supporting elements – Elemente, die uns ganz persönlich unterstützen. Durch eine BaZi-Analyse kann herausgefunden werden, welche das sind. Die unterstützenden Elemente des Toten kann man bei der Gestaltung des Grabs ebenfalls berücksichtigen.
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6. Pflege des Grabs
Schauen Sie sich mal auf einem Friedhof um. Wie oft sieht man vernachlässigte Gräber. Wenn die Ahnen vergessen werden, wie sollen sie dann für die Nachkommen sorgen. Für gutes Feng Shui und damit positives Qi, muss ein Grab immer gepflegt sein. Unkraut oder ein kaputter Grabstein machen keinen guten Eindruck und lassen das Qi nicht fließen. Das gilt übrigens für das gesamte Erscheinungsbild eines Friedhofs.
7. Zeitpunkt
Wer es perfekt machen will, lässt sich den günstigen Zeitpunkt der Beerdigung von einem Feng Shui Experten berechnen.
Wo gibt es einen Feng Shui Friedhof?
Der erste Feng Shui Friedhof in Europa ist der „Garten des Friedens“ in Fürstenzell bei Passau. Hier werden sogenannte Naturbestattungen durchgeführt.
Das Gelände ist durch entsprechende Bepflanzung in die Fünf Elemente Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser unterteilt. Die Elemente sind unterstützend zueinander angeordnet.
Im Chinesischen symbolisiert die Schlange einzeln betrachtet nichts Gutes: Zerstörung, Hinterlist und Verschlagenheit. Sie wird jedoch nur selten vom Drachen unterschieden und symbolisiert so Glück, Kraft und Schutz. Um ein Ei gewunden, steht die Schlange für das Ausbrüten des Lebensgeistes. Das Ei zeigt die Schöpfung, das Neue und die Zukunft.
Grundsätzlich wird gesagt, dass es nicht gut ist, in der Nähe eines Friedhofs zu wohnen. Die dort vorhandene Yin-Energie wird als negativ dargestellt. Ich sehe das nicht grundsätzlich so. Es gibt Friedhöfe, die eine harmonische und ruhige Ausstrahlung haben, was ich persönlich in der heutigen Yang betonten Zeit als sehr wohltuend empfinde.
Besucher der Verstorbenen, Grablichter, der Wind, der durch die alten Bäume weht und die Blätter zum Rascheln bringt, bunte Blumen und Pflanzen bringen dem düsteren Erscheinungsbild eines Friedhofs auch ein bisschen Yang-Energie.
Fazit
Ohne in die komplexe Wissenschaft des Yin Feng Shui eintauchen zu müssen, kann man bei der Grabgestaltung doch einiges selbst tun. Egal ob man nun daran glaubt, dass es Auswirkungen auf einen selbst hat oder nicht. Es ist schön, wenn man an einem harmonisch gestalteten Grab seinen Angehörigen gedenken kann.
Für meine eigene Bestattung konnte ich immer noch keine klare Entscheidung fällen. Eigentlich finde ich die Vorstellung in einem Friedwald unter einem Baum zu liegen am schönsten. Ich stelle mir das sehr idyllisch vor und auch für meine Familie die einfachste Lösung. Dann müsste ich mich aber verbrennen lassen und das ist für eine Feng Shui Beraterin unvorstellbar.
Der Entscheidungsprozess wird also noch weitergehen und hat hoffentlich auch noch Zeit. Währenddessen kümmere ich mich weiter um mein Spezialgebiet – das Yang Feng Shui Ihrer Häuser, Wohnungen und Büros.